Wenn, dass retten von Menschen, zur Routine wird. Sollte man darauf Acht geben wie viel Wert jedes einzelne davon hat. Jedes Leben hat eine Geschichte, eine Geschichte die man rettet oder beendet.

CMDR. Wyveres. Sternzeit: 18.03.3305

Jule hatte sich nach der Sache in der Bar verändert, ihr leicht verträumter Blick war einer gewissen Abgeklärtheit gewichen, ihre Augen wirkten Müde, ob vom Weinen, oder dem was wir schon seit ein paar Wochen taten, war nicht genau zu sagen. Doch ich fand auf dem Weg nach ROSS 695 etwas Zeit so dass sie und ich, endlich ein ausführliches Gespräch führen konnten. Sie hatte sich anfangs geweigert Überhaupt mit mir darüber zu sprechen, aber ich ließ ihr keine Ruhe, keine andere Wahl. Denn ich wusste würde sie es nicht tun, würde das erlebte sie irgendwann auffressen, so wie schon viele vor ihr.

Sie machte mir die üblichen Vorwürfe, zeterte und heulte hin und wieder. Aber im Kern war es ein notwendiger Schritt zur Heilung.

Wyveres:

Willst du mir nun mitteilen was dich Quält, oder willst du weiter vor dich hin brüten?

Jule:

Vor mich hin brüten wäre mir jetzt lieber, aber du wirst ja eh nicht locker lassen. Von daher, Paps, du, manchmal möchte ich dich einfach nur schlagen. Weißt du, wie schwer mir das alles hier fällt, noch vor einem Jahr war ich nichts weiter als eine Unbeschwerte fünfzehnjährige die nichts weiter wollte, als zu Wissen wer ihr Vater ist. Und jetzt, jetzt habe ich gemordet, getötet, und das nur weil du in mein Leben getreten bist, und nun muss ich damit Leben. Damit leben wozu meine Entscheidungen Geführt haben. Und es ist so verdammt schwer. Tut ständig weh, immer und immer wieder sehe ich diese Bilder, von den Schiffen, wie meine Hände die Taster betätigen. Wie ich töte, und ich erinnere mich daran, wie du mir diese Erinnerungen nahmst, mir die Chance nahmst, damit auf vernünftige Art umzugehen. Wie es mir Angst macht, dass du wieder hingehst und in meinen Erinnerungen rum fuhrwerkst. Nur weil du der Meinung bist ich wäre nicht stark genug!

Wyveres:

Dafür habe ich mich mehr als einmal Entschuldigt. Und dir hoch und heilig versprochen dich nie wieder zu Manipulieren. Was dein Wunsch angeht, folg mir.

Ich stand auf und verließ die Kabine. Jule stand erst leicht genervt im Raum, ging mir dann aber doch wortlos hinterher. Der T9 hatte jede Menge Platz, und so gab es in ihm, hier und da kleiner Örtlichkeiten wo man ungestört sein konnte. Ich hatte schon vor Tagen von Vertis einen der kleineren Räume mit Polstern auslegen lassen, und Matten verteilt.

Dort angekommen, in meinem Privaten provisorischen Trainingsraum. Starrte meine Tochter, mich einfach nur an.

Jule:

Was ist das hier?

Wyveres:

Training, wird dir gut tun, du wolltest mich Schlagen, nun kannst du es, du gegen mich. Schläge unterhalb der Gürtellinie sind verboten. Alles andere Erlaubt.

Jule:

Dein Ernst?

Wyveres:

Mein völliger Ernst.

Ich zog meine Jacke und das Hemd aus, entledigte mich meiner Stiefel und ging in den Raum und fing an mich aufzuwärmen. Während Jule noch immer in der Tür stand und in den Raum starrte.

Wyveres:

Was ist, willst du da weiter Maulaffen feilhalten. Komm rein!

Sie zögerte erst tat es mir aber dann doch gleich, Pullover, Jacke und Stiefel blieben ebenfalls draußen und so stand Sie, wie ich, im Unterhemd und Hose da, grinste und fing an sich ebenfalls aufzuwärmen.

Jule:

Und ich darf dir so richtig Wehtun?

Wyveres:

Wenn du zukommst, darfst du das ja. Tue dir keinen Zwang an. Und wenn ich K.O. Gehe dann, gehe ich das halt. Heul aber nicht, wenn du dir Weh tust.

Sie hob die Fäuste.

Jule:

Paps, du wirst leiden. Das verspreche ich dir!

Wyveres:

Starke Worte, von so einem Hemd wie dir, aber bitte. Dann komm, zeig mir was du kannst.

Ich überlegte noch, ob ich wirklich volle Kraft einsetzten sollte, immerhin Kämpfte ich hier gegen meine eigene Tochter, aber sie sollte sich austoben, auspowern und etwas Lernen. Und so entschied mich dann, nach ihrem ersten Haken, doch dazu, ihr so richtig den Hintern zu versohlen.

Während Jule also von Anfang an, beinahe ihr gesamte Kraft in ihre Schwünge legte, hielt ich mich anfangs noch zurück. Erst wollte ich genau sehen, was meine Tochter mittlerweile alles drauf hatte. Und das war so einiges, wo auch immer Sie die Gewandtheit her nahm. Mein Auge hatte zu tun, ihren, doch sehr agilen, Bewegungen zu folgen. Ich war ihr in der Hinsicht, diesmal völlig unterlegen, denn ein Auge gegen zwei Gesunde, war ein gewaltiger Nachteil für mich. Ein Nachteil denn ich sehr lange mit einigen technischen Hilfsmitteln ausgeglichen hatte. Die mir hier in diesem Raum aber nicht viel nützten. Denn hier, hier war meine Gegnerin meine eigene Tochter und die wusste ganz genau, wo meine blinden Flecken, in meinem Sichtfeld waren. Also fing sich mein Gesicht, ein ums andere Mal, ihre Fäuste ein. Immer und immer wieder auf dieselbe blinde Stelle. Es Schmerzte höllisch, aber sie würde es nicht mehr lange so leicht haben.

Wyveres:

Stopp! Auszeit, gib mir eine Minute!

Jule:

Was, jetzt schon, ich bin gerade erst Warm geworden.

Wyveres:

Du, ich sagte eine Minute. Warte Bitte.

Ich ging zur Bedienungstafel. Drückte ein paar Knöpfe und rief nach Vertis.

Wyveres:

Vertis. Naniten Protokoll sieben strich neun, zweiundzwanzig.

Jule:

Was wird das?

Vertis:

Verstanden, bist du dir sicher? Du weißt, dass es nicht ohne Verlust des Auges Rückgängig gemacht werden kann! Und höllisch wehtun wird. Geschweige denn das du danach direkt Vollständig damit klar kommen wirst.

Wyveres:

Vertis, mach einfach, ich kann mich hier nicht von meiner Tochter so verdreschen lassen, nur weil sie meinen Blinden Punkt genau kennt.

Jule:

Was hast du vor?

Wyveres:

Etwas das ich schon vor langer Zeit hätte machen sollen. Aber nie bereit war es auch zu tun.

Dann kam der Schmerz, das brennen im Auge, als die Naniten anfingen die Trübungen zu Entfernen und Nerven wieder herzustellen, die Lichtblitze, das Feuern der Neuronen. Ich brauchte ganze fünf Minuten um überhaupt das Auge öffnen zu können.

Jule:

Es ist Blau … Du hast eine blaue Iris?

Wyveres:

Überrascht dich das, es tut aber höllisch weh. Und ich sehe noch leicht verschwommen. Also, gib mir bitte, fünf Minuten, ich muss mich erst wieder dran gewöhnen mit zwei Augen zu sehen.

Ich versuchte ein Punkt im Raum zu fixieren, anfangs gelang mir das gar nicht und stattdessen wurde mir Übel von den beiden Bildern. Aber mit jedem Schlag und jeder Drehung wurde es besser. Und so wurde nach gut vier Minuten aus dem was meine beiden Augen mir lieferten, endlich ein scharfes Bild.

Wyveres:

Nun gut, dein Vorteil mir gegenüber sollte nun weg sein.

Jule:

Und das nur damit du keine mehr von mir auf die Zwölf bekommst. Paps … also wirklich, aber das Blau in deinem Auge gefällt mir. Schade, dass es gleich völlig Blutunterlaufen sein wird.

Wyveres:

Na dann, auf geht’s, Ring frei für Runde zwei.

Sie tanzte wieder um mich herum, versuchte wieder dieselben Tricks und kassierte entsprechend, einen Haken nach dem anderen. Das neue Auge fühlte sich zwar noch seltsam an, aber es tat seinen Dienst. Meine Tochter hatte ordentlich zu tun, nun aus der Reichweite meiner Fäuste zu bleiben, um nicht noch mehr Schwinger auf Brustkorb und Gesicht ab zubekommen.

So schlugen wir abwechselnd aufeinander ein, vielleicht zehn, vielleicht auch zwanzig Minuten. Mal landete sie einen Treffer, mal ich, mir schwoll schon leicht der Kiefer und meine Muskeln fingen an zu brennen, aber meine Tochter hatte noch immer Kraft, noch immer Feuer in den Augen. Noch immer diese Wut in sich. Also ging es weiter. Weiter mit dem Kampf, Vater gegen Tochter. Sie gab einfach nicht nach, trotz der Wunden, trotz des Blutes das wir beide vergossen, Sie Prügelte auf mich ein wie eine Furie, verlor immer wieder die Kontrolle über sich und Kassierte dafür schwere Schwinger ins Gesicht oder auf den freien Brustkorb.

Wyveres:

Kontrolliere deine Wut, du wirst Unvorsichtig!

Jule:

Sag mir nicht was ich zu tun habe!

Wyveres:

Wenn du weiterhin Blind links in meine Faust läufst, beschwer dich hinterher nicht.

Und sie kam erneut auf mich drauf zu, schwitzte, atmete schwer und war hier und da von ihrem eigenen Blut bedeckt, das ihr leicht über die Lippen, und aus der Nase tropfte, eins ihrer Augen fing sogar schon an, anzuschwellen, aber sie hatte noch immer nicht genug. Wollte noch immer weiter kämpfen. Und kassierte den nächsten Schwinger, den nächsten Aufwärtshaken, und wurde dann von mir letztendlich eingekeilt und zu Boden gedrückt.

Wyveres:

Hast du genug?

Jule:

Du kämpfst Unfair!

Wyveres:

Unfair?

Ich ließ sie aufstehen.

Jule:

Ich hätte dich schon längst besiegt! Doch du nutzt deine Naniten …!

Wyveres:

Meine Naniten? Jule, dieselben Naniten die auch durch deinen Körper wandern, die gerade dabei sind ohne Unterlass deine Wunden zu flicken? Schau auf deinen Handrücken, die Knöchel waren eben noch offen, von deinem Schlag gegen die Wand.

Jule:

Wie …

Wyveres:

Sie tun in unseren beiden Körpern, genau das was sie sollen. Nur im Gegensatz zu dir, Kämpfe ich nicht mit blinder Wut.

Jule:

Ich bin aber Wütend. Wütend auf dich … du mieser Scheißkerl … von einem Vater …

Wyveres:

Da liegt der Hase also begraben, wir kommen dem Kern doch so langsam aber sicher immer näher.

Jule:

Du, warum kannst du nicht einfach Ehrlich zu mir sein!

Sie schlug erneut nach mir.

Wyveres:

Ich bin doch ehrlich zu dir.

Jule:

Nein! Du bist alles andere als Ehrlich! Scheiß Heuchler … du warst nicht ehrlich zu mir als du mich fandst, du warst nicht ehrlich zu mir als du mich auf Emerald gelassen hattest, du warst nicht ehrlich zu mir als ich dich fand, du … du hast mir ja bis heute noch nicht einmal gesagt wer du eigentlich BIST! Wer BIST DU … PAPS! WER! Wessen Tochter bin ich!

Wyveres:

Du bist meine Tochter, die Tochter von Wyveres und Karen Darlin. Jule Darlin Hunt. Wer ich in dieser Gleichung bin, spielt außer das ich dein Vater bin, keine Rolle.

Jule:

Doch das spielt es! Ich denke, denn ich suche jetzt schon seit Wochen nach einer Antwort, du schuldest mir das einfach!

Sie kam erneut auf mich zu, schlug mit beiden Fäusten auf meinen Brustkorb ein und prügelte mich mit schier purer Verzweiflung gegen die Kabinenwand.

Jule:

Sag mir endlich wer du bist!

Ihre Angriffe verloren an Schwung, und aus den Schlägen wurde verzweifeltes Geklopfe auf meine Brust, ihr Kopf versank in meinem Hemd und sie fing bitterlich an zu weinen.

Jule:

Sag mir wer bin ich … sind das wirklich meine Gedanken … oder stammt das einfach alles von dir … Sind meine Erinnerungen denn wirklich meine Erinnerung?

Ich drückte sie fest an mich, und sackte mit ihr im Arm völlig erschöpft zu Boden.

Wyveres:

Darum geht es also. Die Manipulation deiner Erinnerungen. Du zweifelst an dir selbst, weil ich an dir gezweifelt habe. Gezweifelt habe, ob meine Tochter stark genug ist um mit dem was uns Tag täglich umgibt, klar zu kommen. Weil ich dich vor dir selbst schützen wollte. Ich schätze ich habe mehr Zerstört als mir klar war. Schatz, wer ich bin weißt du, wir haben so oft darüber Gesprochen.

Jule:

Du hast Geschichten erzählt! Über das was du erlebt hast! Nicht darüber Wer diese Geschichten erlebt hat. Du hast mir viel beigebracht in den Monaten, Sehr viel … also sag mir endlich deinen Namen! Oder vertraust du nicht einmal deiner eigenen Tochter!

Wyveres:

Ich wünschte ich könnte dir meinen Namen nennen, wirklich Schatz, aber es geht einfach nicht. Mein Name existiert nicht! Er darf einfach nicht existieren … versteh das bitte, aber es gibt Dinge in diesem Universum, die bleiben besser in der Vergangenheit!

Jule:

Ich dachte mir schon das du das sagst, Heuchler … elender … Heuchler … wenn du schon bei so etwas einfachem Lügst! Wie soll ich dir da noch irgendetwas Glauben!

Ihr Blick war voller Wut. Wut auf mich und meine Antwort, traute ich wirklich meiner eigenen Tochter nicht, traute ich wirklich niemandem in Universum, nicht einmal meinem eigenem Fleisch und Blut. Hatte die Zeit mich wirklich so Zynisch gemacht?

Wyveres:

Na schön, Vertis verriegle den Raum, Sorge dafür, dass kein Signal hier rein oder raus kommt!

Vertis:

Verstanden, Raum wird verriegelt.

Jule:

Ist das wirklich Notwendig?

Wyveres:

Ja, und du wirst auch gleich verstehen warum.

Vertis:

Verriegelung erfolgreich.

Wyveres:

Gut, zu aller erst, ja ich Lüge, ja ich habe wegen vielem Gelogen, vieles von dem was ich über mein Leben bisher erzählt habe ist teilweise völlig erstunken und erlogen. Das meine liebe Tochter ist leider die Wahrheit. Vertis und ich … sind nicht erst seit ein paar Jahren im All unterwegs.

Jule:

Wie meinst du das?

Wyveres:

Der Planet der Klone, sagt dir doch etwas oder?

Jule:

Teorge. Ja …

Wyveres:

Ich habe dir die Geschichte von Salomé nicht umsonst erzählt, sie war ein Klon, das Imperium Klont schon seit Jahrhunderten Menschen.

Jule:

Soll das heißen du bist auch ein Klon?

Wyveres:

Ja, ich stamme zwar nicht direkt von Teorge, aber ja ich bin ein Klon, ich habe weder Eltern noch kenne ich den genauen Ort meiner Geburt. Ich kann dir nicht einmal sagen, der wievielte Klon, meiner selbst, ich bin. Vertis hat darüber nie Auskunft gegeben. Und ich habe es in all den Jahrhunderten auch vergessen.

Jule:

Die Geschichte mit der DNA Veränderungen … das ergibt Sinn. Aber warum machst du so ein Geheimnis daraus?

Wyveres:

Was denkst du wie Alt ich bin?

Jule:

Fünfunddreißig, bestimmt nicht …

Wyveres:

Oh doch, dieser Körper ist fünfunddreißig Jahre alt. Nur meine Erinnerungen, die sind älter, viel, viel älter. Schau, ich wäre ich, mein Ursprüngliches Ich geblieben, wenn ich damals nicht deine Mutter kennengelernt hätte, nach all den Jahrhunderten, einen Menschen zu treffen, der so völlig selbstlos war, sich um all das, was ich war nicht geschert hat, sondern den Jungen der ich damals war geliebt hat, es hat mich verändert. Ich konnte einfach nicht so weiter machen. Also verschwand ich. Löschte meine Vergangenheit aus.

Jule:

Wer warst du?

Wyveres:

Pilot des Imperiums, schon seit Hunderten von Jahren, einfach nur ein Pilot des Imperiums. Das Problem ist nur, wessen Klon ich bin, darf niemals ans Licht kommen. Etwas das ich mit in mein ewiges Grab nehmen werde. Etwas das ich nicht einmal dir anvertrauen kann. Ob du es verstehst oder nicht, dass kann ich nicht beeinflussen. Aber Schatz, es ist wichtig das du folgendes Verstehst. Sollte es jemals ans Licht kommen wer ich bin, wirst du Sterben, werden Nadine, dein ungeborener Bruder, wir alle Sterben.

Jule:

Den sterben Teil habe ich verstanden, doch warum machst du darum so ein Geheimnis? Warum bist du so weit gegangen und hast deine DNA verändert, warum all der Aufwand? Warum das alles?

Wyveres:

Wenn man so viele Leben gelebt hat, so oft gelebt hat, erfährt man Dinge, unweigerlich. Das lässt sich nicht vermeiden, und ich habe in früheren Leben schon genug Menschen deswegen Verloren. Menschen die mir ebenso Wichtig waren, wie du! Wie deine Mutter, Sie starb weil ich unvorsichtig wurde. Weil ich nicht aufgepasst habe, also versteh bitte meine Sorge. Ich möchte einfach nicht, dass es dir genau so ergeht. Das es Nadine genau so ergeht.

Jule:

Deswegen also all die Lügen? Deswegen hast du mich belogen?

Wyveres:

Eltern Lügen ständig um ihre Kinder zu schützen. Das ist nun mal so, das lässt sich auch nicht ändern.

Jule:

Dann erklär mir jetzt eins, was bin ich für dich?

Ich musste bei der Frage schlucken, sehr schwer schlucken. Was war sie für mich, wertvoll, unersetzbar, einzigartig. Ich wusste nicht wie ich es in Worte fassen sollte, geschweige denn ob Worte hier ausreichen würden. Ich durchforstete meine Erinnerungen, nach all den Momenten in denen mich wer genau das Gefragt hatte, was waren sie alle für mich.

Wyveres:

Meine Tochter, mein ein und alles, dass bist du schon immer gewesen, von dem Moment an als ich dich das erste Mal erblickte.

Jule:

Dann sag mir, warum du mich wirklich zurückgelassen hast!

Wyveres:

Aus dem Grund denn ich dir damals schon genannt hatte, weil deine Existenz in Gefahr war. Weil du meine Tochter bist, was ich weggelassen habe war nur folgendes. Weil ich nicht wollte das es dir genau so ergeht wie meinen Kindern vor dir. Du solltest dein Leben, leben, ohne mich, in Sicherheit vor mir, vor denen die noch immer da draußen sind. Und alles Unternehmen werden, um meiner doch noch Habhaft zu werden. Ich wollte nicht, dass du da mit hineingezogen wirst. In diesen Konflikt, zwischen denen die die Geschicke der Menschheit Lenken und denen die der Meinung sind, das sie dafür nicht das Recht hätten.

Jule:

Der Club.

Wyveres:

Exakt, willst du sonst noch etwas Wissen?

Jule:

Wie lange lebst du schon?

Wyveres:

Lass mich überlegen, beinahe Tausend Jahre müssten es jetzt sein.

Jule:

Alter Mann, wahrlich ein uralter Mann! Wirst du mir irgendwann alles erklären?

Wyveres:

Kann ich dir nicht sagen, vielleicht auf deinem Sterbebett, wenn du die Geheimnisse mit in die Ewigkeit nimmst.

Jule:

Und du wirst diese Unterhaltung hier nicht Löschen?

Wyveres:

Schatz, diese Unterhaltung hat nie stattgefunden, etwas das nie stattgefunden hat kann nicht gelöscht werden. Haben wir uns verstanden?

Sie lächelte, so wie sie früher gelächelt hat, die Naniten in ihr hatten mittlerweile die Schwellung ihres Auges erfolgreich bekämpft. Und auch in mir waren sie Fleißig dabei alles wieder in Ordnung zu bringen. Sie Kuschelte sich an mich und seufzte.

Jule:

Ich bin also die Tochter eines Tausend Jahre alten Niemands … das macht die Sache nicht gerade leichter für mich. Aber schön, ich hab es verstanden, da draußen sind Menschen die, dich, mich, Kathrine und Nadine töten werden, wenn man wüsste das es dich noch gibt.

Wyveres:

So sieht es aus, stellt dich das zufrieden?

Jule:

Nicht wirklich, aber damit kann ich erst einmal Leben. Und niemand weiß das?

Wyveres:

Nicht einmal Nadine, nur du und Vertis. Also wir sollten zurück auf unsere Posten, ROSS 695 wartet, wir haben Menschen zu retten.

Damit schob ich sie von mir runter, und gab die Verriegelung wieder frei. Trat vor die Tür, griff mir meine Sachen und ging erst einmal Duschen, dicht gefolgt von Jule, die sich prompt in die Kabine neben mir stellte.

Jule:

Mir tut alles Weh, und ich hab überall blaue Flecke, machen wir, von nun an, das jetzt jede Woche?

Wyveres:

Wenn du willst, aber dann sollte ich einen richtigen Trainingsraum einrichten.

Jule:

Und dann werde ich dir beim nächsten Mal so richtig das Fürchten lehren, Paps!

Wyveres:

Tue das, aber jetzt heißt es erst einmal, weiter Menschen retten, wir sollten mittlerweile in ROSS 695 angekommen sein.

Jule:

Na gut, also dann, retten wir weiter Arschgeigen!

Sie lachte und warf ihren Schwamm über die Kabinenwand.

ROSS 695 war wie die anderen Systeme davor auch, Thargoiden verseuchtes Kampfgebiet, an der Station Bresnik Orbital angekommen bot sich uns auch hier ein erschreckendes Bild. Die gesamte Station brannte Lichterloh, trotz Vakuum. Also hieß es, Kühlkörper bereit machen und einreihen. Diesmal war der Verkehr angenehmer, weniger Schiffe dafür war der Sprung zum Rettungsschiff diesmal besonders Kurz, eigentlich brauchte man fast gar nicht in den Super Cruise gehen, die Leitstrahlen waren diesmal so ausgerichtet das man sobald man im Super Cruise war, auch schon auf die Position des Schiffes geloggt wurde, ein Traum.

Wir konnten so am ersten Abend schon zehn Flüge absolvieren. Bevor der T9 durch eine längere Wartung musste, da uns beim letzten Anflug auf unsere Landebucht eine gewaltige Explosion in der benachbarten Bucht, uns einmal quer durch die Station schob. Ich hatte Mühe den T9 wieder unter Kontrolle zu bekommen, und rammte so einige Inneneinrichtungen und Wrackteile der Station. Zu meinem Glück blieben die Strafen für so ein Verhalten aus, also zeigten die Verantwortlichen hier, etwas mehr Grips als die Letzten.

Die geretteten blieben, bis auf ein, zwei hysterisch reagierende Passagiere, ruhig und alles lief im üblichen Rahmen ab. Vor allem nachdem wir, deutliche Warnhinweise installiert hatten, das wir Störenfriede und ähnlich agierende Personen einfach ins All werfen würden. Kam es zu keinerlei Übergriffen mehr gegenüber Jule und Kathrine. Ilsa und John hatten sich zudem als Glücksgriff erwiesen, die beiden machten ihren Job ohne zu Murren oder sich daneben zu benehmen.

Und so nutzte ich der Zeit im Raum Dock, um meine aktuellen Daten mit den Servern der Föderation abzugleichen, und bekam prompt einen Auftrag, Für den nächsten Rang sollten wir Indit liefern, sage und schreibe ganze zwölf Tonnen, leichter ging es schon gar nicht mehr. Also ließ ich Vertis die Daten der örtlichen Handelsrouten Analysieren und lagerte derweil alle Passagier Module auf dem Rettungsschiff zwischen. Das ganze sollte nach 61 Virginis zum Furukawa Port Transportiert werden. Vertis fand, nach wenigen Minuten, einen Preiswerten Markt in LHS 380 im Qureshi Orbital, also nahmen wir Kurs auf LHS 380 das Ungefähr knapp Dreißig Lichtjahre entfernt von ROSS 695 lag. Im Qureshi Orbital angekommen, Stopften wir den T9 mit so viel Indit voll, wie rein ging. Etwas mehr als Siebenhundert und Fünfzig Tonnen. Somit mussten wir um nach 61 Virginis zu kommen einen Umweg nehmen, denn für den direkten Sprung nach 61 Virginis war der T9 nun zu schwer. Und so ging es über Wolf 1481 nach 61 Virginis zum Furukawa Port. Alles in allem dauerte der Transport einen halben Tag.

Und am Ende war ich dann wie sie es nannten Lt Commander, gefiel mir besser als Korvettenleutnant. Aber damit waren wir einen Schritt weiter auf dem Weg zum Konteradmiral und zur Föderalen Korvette. Und damit hatte ich schon ein neues Problem, ein einhundertsiebenundachtzig Millionen Credit Problem. Soviel bräuchte ich nur um die Korvette zu kaufen. Das hieß Mining, unweigerlich und unumgänglich Mining. Mit dem T9 würde das wohl eine Menge Spaß bringen, aber auch Stress bedeuten.

Die Rettungsaktion dauerte eine Woche, eine Woche ununterbrochen von der Station zum Schiff. Es war mörderisch anstrengend, dabei bei Verstand zu bleiben. Jule und Kathrine hatten mit sich zu kämpfen, ihnen Half es, das sie ihre Katzen dabei hatten, die beiden verkrochen sich in jeder freien Minute die sie hatten, in ihrer Kabine und taten da drinnen was auch immer sie wollten. Mal war es so laut, durch ihre Musik, im T9 das man der Meinung war sie hätten den T9 als Klangkörper benutzt, Mal konnte man den beiden quasi im gesamten Schiff dabei zuhören wie sie sich über eine Serie stritten, miteinander zofften oder zusammen lachten. Leider würden sich an der Situation in der wir derzeit waren vorerst nichts ändern. Denn nun ging es von ROSS 695 direkt nach 61 Virginis. Dort wurde, während wir hier in ROSS 695 beschäftigt waren, der Furukawa Port von den Thargoiden überrannt.

Nadine hatte die letzten Tage, öfters als sonst, kleinere Nachrichten und Video Konferenzen mit den beiden abgehalten. Sie und ich hingegen hatten vereinbart, dass ich mich hauptsächlich auf die vor mir liegende Aufgabe konzentrieren sollte. Und so hatte ich bisher den Kontakt zwischen uns auf ein Minimum gehalten, gerade so dass es für uns beide noch erträglich schien. Sie war mittlerweile hoch Schwanger und früher oder Später wäre es soweit. Die Pläne für den Fall, dass wir nicht Rechtzeitig zurück wären, standen fest. Sollte ich es nicht Rechtzeitig schaffen, würde sie von Medupe City aus, ohne uns nach Sol aufbrechen. Während wir drei dann parallel zu ihr nach Sol fliegen würden. Ihr war es mittlerweile auch völlig egal in welchem Schiff wir dort ankommen würden und mit welchem Rang. Denn die letzten Wochen alleine hatten ihr ziemlich zugesetzt.

Im Grunde hatten wir alles um nach Sol zu fliegen, nur eins nicht. Und vor dem fürchtete ich mich am meisten. Karens Leichnam war noch immer auf dem Mond dieser Anarchie Welt, am Rande der bewohnten Welten. Ich müsste Sie hohlen, mit den beiden Mädchen. Was mir eine scheiß Angst einjagte, nach all den Jahren dahin zurückzukehren. Ich überlegte wirklich ob ich sie nicht vor dem Konteradmiral aus ihrer Ruhestätte bergen sollte. Aber ich wollte Jule damit nicht noch zusätzlich belasten. Zu Wissen das sie im Frachtraum in ihrem Sarg liegt, während wir damit beschäftigt sind weiter alles nötige zu unternehmen um so gut wie möglich vorbereitet nach Sol zu fliegen. Sol dieses Drecks System. Der Ursprung der Menschheit, wir waren weit gekommen seid der ersten Mondlandung. Sehr weit, doch waren wir Menschen keinen Schritt weitergekommen in der Evolution, wir stritten noch immer um Territorium, Macht und Rohstoffe, bekämpften uns noch immer gegenseitig aufgrund unserer Ansichten. Eigentlich hätten wir nach dem wir endgültig zu den Sternen aufgebrochen waren, ein Goldenes Zeitalter haben sollen, aber Gier und Macht haben all diese Pläne zu Staub zermahlen. Wir sind nur eins, aus den paar Milliarden die einst die Erde bevölkert haben, sind nun aber Milliarden von Menschen geworden die ein Teil der Milchstraße bewohnen. Anstelle von einer geeinten Menschheit, sind da draußen unzählige Kooperationen, Kolonien und Verwaltungen entstanden, die alle ihr eigenes Süppchen kochen.